Pflegegrad 2: Voraussetzungen, Leistungen und Antrag
Pflegegrad 2 bedeutet eine intensivere Pflege und Unterstützung als Pflegegrad 1. Personen mit Pflegegrad 2 weisen erhebliche Einschränkungen in verschiedenen Bereichen ihres täglichen Lebens auf und benötigen häufigere oder intensivere Pflegeleistungen.
Voraussetzungen für Pflegegrad 2
Für Pflegegrad 2 gelten ähnliche Kriterien wie für Pflegegrad 1, jedoch mit einem höheren Maß an Beeinträchtigung und Bedarf an Unterstützung. Typische Merkmale für Pflegegrad 2 sind:
- Einschränkung der Mobilität:
Die Person kann sich nur mit erheblicher Hilfe oder vollständig fortbewegen. Dies kann beispielsweise bedeuten, dass sie auf einen Rollstuhl angewiesen sind oder nur mit Hilfe einer zweiten Person stehen oder gehen können.
- Kognitive und kommunikative Fähigkeiten:
Es bestehen erhebliche Probleme in der Orientierung oder kognitiven Funktion, was zu starken Einschränkungen in der Kommunikation oder dem Verständnis führt. Dies kann Demenz oder andere kognitive Beeinträchtigungen umfassen.
- Verhaltensprobleme:
Bei der Person zeigen sich erhebliche Verhaltensprobleme, die unter anderem Aggressivität und Unruhe umfassen können, sodass eine intensive Betreuung erforderlich ist.
- Selbstversorgung:
Es bestehen erhebliche Schwierigkeiten bei der Selbstversorgung, einschließlich der Grundpflege wie Waschen, Anziehen, Essen usw.
- Bewältigung des Alltagslebens:
Alltagsaktivitäten wie Einkaufen, Essenszubereitung und die generelle Haushaltsführung kann die Person nur mit erheblicher Hilfe vollständig bewältigen.
- Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen: Die Person benötigt erhebliche Unterstützung bei der Umsetzung von Therapieplänen oder der Bewältigung krankheitsbedingter Anforderungen.
Diese Kriterien werden durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) oder den Medizinischen Dienst der privaten Krankenversicherung (MEDICPROOF) bewertet. Dabei wird nicht nur die aktuelle Situation betrachtet, sondern auch die Prognose und die voraussichtliche Entwicklung der Pflegebedürftigkeit.
Diese Kriterien sind nicht abschließend und eine individuelle Bewertung der Pflegebedürftigkeit ist in jedem Fall erforderlich. Daher kann es sinnvoll sein, sich bei der Antragstellung auf Pflegegrad 2 professionelle Unterstützung zu holen, um sicherzustellen, dass alle relevanten Aspekte berücksichtigt werden.
Pflegegrad 2 stellt eine höhere Stufe der Unterstützung für pflegebedürftige Personen dar und kann pflegebedürftigen Menschen und ihren Angehörigen zugutekommen, wenn der Pflegebedarf über Pflegegrad 1 hinausgeht und die aktuellen Leistungen nicht mehr ausreichen, um den Alltag zu bewältigen.
Leistungen im Pflegegrad 2 ab 2024
Ab 2024 bringt die Pflegereform einige Neuerungen für Personen mit Pflegegrad 2 mit sich, die darauf abzielen, die Unterstützung und Flexibilität für Pflegebedürftige und ihre Angehörigen zu verbessern. Hier ein Überblick über die wichtigsten Änderungen und Leistungen:
Leistungen bei Pflegegrad 2 | 2023 | 2024 |
---|---|---|
Pflegegeld (monatlich) | 316 € | 332 € |
Pflegesachleistungen (monatlich) | 724 € | 760 € |
Entlastungsbetrag (monatlich) | 125 € | 125 € |
Vollstationäre Pflege (monatlich) | 770 € | 770 € |
Teilstationäre Pflege (monatlich) | 689 € | 689 € |
Kurzzeitpflege (jährlich) | 1.774 € | 1.774 € |
Verhinderungspflege (jährlich) | 1.612 € | 1.612 € |
- Pflegegeld und Pflegesachleistungen:
Menschen mit Pflegegrad 2 erhalten ein erhöhtes Pflegegeld von 332 Euro monatlich. Zudem stehen ihnen Pflegesachleistungen in Höhe von 761 Euro pro Monat zur Verfügung. Diese Mittel können für professionelle ambulante Pflegedienste genutzt werden. Bei Kombination von Pflegegeld und Pflegesachleistungen kann sich der anteilige Betrag erhöhen.
- Verhinderungspflege und Kurzzeitpflege:
Ab 2024 können die Mittel für Verhinderungspflege und Kurzzeitpflege flexibler genutzt werden. Für Personen unter 25 Jahren mit Pflegegrad 4 oder 5 ist es möglich, bis zu 100 Prozent der Mittel für die Kurzzeitpflege auch für Verhinderungspflege zu verwenden. Ab Juli 2025 wird ein gemeinsamer Jahresbetrag für alle Pflegebedürftigen ab Pflegegrad 2 eingeführt, der flexibel für beide Leistungen eingesetzt werden kann.
- Tages- und Nachtpflege:
Personen mit Pflegegrad 2 können weiterhin Leistungen für die Tages- oder Nachtpflege in Anspruch nehmen. Diese bieten Unterstützung während des Tages oder der Nacht und ermöglichen es Pflegebedürftigen, an sozialen Aktivitäten teilzunehmen und medizinische Versorgung zu erhalten.
- Pflegeunterstützungsgeld:
Pflegende Angehörige, die Beruf und Pflege vereinbaren müssen, erhalten nun jährlich Zugang zum Pflegeunterstützungsgeld. Im Fall eines plötzlichen Pflegebedarfs können sie bis zu zehn Tage der Arbeit fernbleiben, um notwendige Regelungen zu treffen.
- Hilfsmittel und wohnraumverbessernde Maßnahmen:
Zu den weiteren Leistungen zählen ein monatlicher Zuschuss von 40 Euro für zum Verbrauch bestimmte Pflegehilfsmittel und bis zu 4.000 Euro für Maßnahmen zur Verbesserung des Wohnumfelds. Diese sollen die häusliche Pflege erleichtern und die Selbstständigkeit der Pflegebedürftigen unterstützen.
- Weitere Unterstützungen:
Darüber hinaus gibt es Leistungen wie den Entlastungsbetrag von 125 Euro monatlich, der für zusätzliche Betreuungs- und Entlastungsangebote genutzt werden kann, sowie Zuschüsse für digitale Pflegeanwendungen und weitere ergänzende Unterstützungsleistungen.
Die Neuerungen in der Pflegereform 2024 sollen sicherstellen, dass Pflegebedürftige und ihre Familien besser unterstützt werden und mehr Flexibilität in der Nutzung der Leistungen erhalten. Es ist hilfreich, sich bei der zuständigen Pflegekasse zu informieren und Beratungsangebote in Anspruch zu nehmen, um einen Überblick über die individuell verfügbaren Leistungen zu erhalten und diese optimal zu nutzen.
Interview mit Dorothea Fox zum Thema häusliche Betreuung und Pflegegrad 2
Unterstützungsbedürftige Personen mit Pflegegrad 2 werden häufig zuhause betreut. Einen Großteil der notwendigen Unterstützung leisten ihre Angehörigen. Durch die zusätzliche Belastung stellt sich gerade für sie häufig die Frage nach verfügbaren und passenden Hilfsangeboten. Heute sprechen wir mit Dorothea Fox, einer erfahrenen Pflegeberaterin. In ihrem Interview bietet sie uns wertvolle Einblicke in die Praxis der Pflegebedürftigkeit.
"Welche typischen Einschränkungen haben Patienten mit Pflegegrad 2?"
Linara: Liebe Dorothea, danke, dass Du Dir die Zeit nimmst, mit uns über Pflegegrad 2 sprechen. Du bist unserer Ansprechpartnerin vor Ort im Großraum München und hast direkten Kontakt mit den Kunden. Was bedeutet Pflegegrad 2 genau? Welche typischen Einschränkungen haben Patienten mit Pflegegrad 2?
Dorothea: Pflegegrad 2 ist noch nicht stark fortgeschritten in der Pflegebedürftigkeit. Es ist der nächste Schritt nach Pflegegrad 1, bei dem kaum Einschränkungen bestehen. Bei Pflegegrad 2 haben wir es mit körperlichen oder mentalen Einschränkungen zu tun, die aber noch nicht stark ausgeprägt sind. Die Betroffenen können sich meist noch selbstständig bewegen, manchmal mit Hilfe eines Rollators oder anderer Hilfsmittel. Die Mobilität ist also noch vorhanden. Oft sind die Personen geistig noch fit und können sich in vielen Fällen zu Hause selbst versorgen, eventuell mit Unterstützung eines ambulanten Pflegedienstes.
Linara: Das bedeutet, die körperlichen Einschränkungen sind zunächst die des natürlichen Alterns – vielleicht leichte Rücken- oder Knieprobleme oder Hüftbeschwerden. Oder ist es schon etwas weiter fortgeschritten?
Dorothea: Es ist schon etwas weiter fortgeschritten. Die freie Bewegung ist nicht mehr vollständig gegeben, und die Betroffenen suchen oft nach Stützen, sei es ein Rollator oder Möbelstücke in der Wohnung. Es gibt immer Einschränkungen, sei es körperlich oder mental. Die geistige Verfassung lässt nach, es treten erste Anzeichen von Vergesslichkeit auf, Probleme mit dem Tagesrhythmus oder Orientierungsschwierigkeiten wie „Welcher Tag ist heute?“ oder „Wo bin ich?“. Das kommt häufig vor.
Linara: Das heißt, auch die mentale Gesundheit ist betroffen, ohne dass bereits eine pathologische Krankheit wie Demenz vorliegt. Es gibt merkliche Veränderungen in den geistigen Fähigkeiten, wie der räumlichen Orientierung oder der Erinnerung.
Dorothea: Genau, Pflegegrad 2 umfasst ein breites Spektrum. Der Medizinische Dienst (MDK) interpretiert das unterschiedlich, was oft zu Problemen führt. Angehörige sind häufig unzufrieden, wenn der Pflegegrad 2 bleibt, obwohl sie meinen, es müsste schon 3 sein. Die Grenze ist fließend, und es ist für Angehörige schwer zu erkennen, wie weit Zustand ihres Vaters oder ihrer Mutter fortgeschritten ist. Es müssen nicht unbedingt Diagnosen wie Demenz vorliegen, und dennoch kann die Person nicht mehr in der Lage sein, sich vollständig alleine zu versorgen.
"Welche typischen Herausforderungen ergeben sich für Angehörige, wenn sie Verwandte mit Pflegegrad 2 betreuen?"
Linara: Das führt mich direkt zu meiner nächsten Frage: Welche typischen Herausforderungen ergeben sich für Angehörige, wenn sie Verwandte mit Pflegegrad 2 betreuen?
Dorothea: Die Familie versucht oft, die Betreuung so lange wie möglich allein zu bewältigen. Das ist eine riesige Aufgabe, bei der Angehörige oft scheitern oder stark erschöpft sind. Meistens gibt es in Deutschland nur die Möglichkeit, einen ambulanten Pflegedienst hinzuzuziehen. Auch Nachbarschaftshilfe kann eine Option sein, aber die Hauptlast liegt in der Regel bei den Angehörigen: Sie müssen regelmäßig vorbeischauen, helfen, einkaufen und den Gesundheitszustand der Person im Auge behalten. Es ist schwer, den Zustand richtig einzuschätzen und zu entscheiden, wann mehr Unterstützung nötig ist. Bei Pflegegrad 2 lastet die Verantwortung überwiegend auf den Schultern der Familie.
Linara: Es ist wahrscheinlich auch schwierig, als Angehöriger die Balance zu finden: Wo kann man helfen, und wo könnte man zu viel tun? Du hast ja gesagt, dass die Grenzen zwischen Unterstützung und Überforderung oft verwischen. Linara bietet 24-Stunden-Betreuung an, und wir versuchen dabei, die Selbstständigkeit der Patienten zu fördern. Bei Pflegegrad 2 stelle ich mir das besonders schwer vor, weil die Mobilität zwar noch da ist, aber schon eingeschränkt.
Dorothea: Ja, genau das ist das Schwierige. Deshalb rate ich den Angehörigen immer, sich frühzeitig beraten zu lassen. Es ist wichtig, herauszufinden, wann die Betreuung zu Hause sinnvoll ist und wann es Zeit wird, eine Vollzeit-Pflegekraft einzusetzen. Eine 24-Stunden-Betreuung kann eine enorme Erleichterung für die Familie sein. Die Pflegekraft lebt im Haushalt und sorgt dafür, dass die betroffene Person sicher ist und Unfälle, wie etwa Stürze, verhindert werden. Gerade nachts bietet das zusätzliche Sicherheit. Der richtige Zeitpunkt für eine Vollzeitkraft ist jedoch von Fall zu Fall unterschiedlich. Deshalb sollten sich Familien frühzeitig informieren und überlegen, wann der Moment gekommen ist, diese zusätzliche Unterstützung in Anspruch zu nehmen.
Linara: Genau, man kann es gar nicht oft genug betonen: Informiert euch so früh wie möglich. Ist das auch deine Erfahrung? Informieren sich Angehörige häufig zu spät, vielleicht auch unabhängig von Pflegegrad 2?
Dorothea: Absolut. Das ist eines der größten Probleme, die ich aus meiner Erfahrung kenne. Oft ist es schon zu spät, wenn sich Angehörige erstmals informieren. Wenn ein Notfall eintritt – sei es ein Sturz, der zu einem Oberschenkelbruch führt, oder ein Schlaganfall – kann das plötzlich passieren. Dann stehen die Familien unter enormem Zeitdruck und treffen vielleicht Entscheidungen, die nicht optimal sind, weil sie aus der Eile heraus oder aufgrund falscher Informationen getroffen werden. Deswegen sage ich immer: Bei Linara bieten wir eine umfassende Beratung an, nicht nur für Pflegebedürftige, sondern auch für deren Angehörige. Wir helfen dabei, die richtigen rechtlichen und praktischen Informationen zur häuslichen Betreuung zu bekommen. Es ist wichtig, sich frühzeitig zu informieren, um in einer Notsituation nicht überstürzt eine falsche Agentur zu wählen oder nicht zu wissen, welches Modell der Betreuung am besten passt. Im Internet ist es oft schwer, alle Informationen zu finden. Daher rate ich dazu, eine Beratungsstelle oder uns bei Linara zu kontaktieren. Wir sind immer da, um zu helfen – auch in München und Oberbayern. Ein bisschen Eigenwerbung darf sein.
Linara: Ein bisschen Eigenwerbung darf natürlich nicht fehlen. Sehr gut!
Dorothea: Aber es geht nicht nur um die Vermittlung von Betreuungskräften. Viel wichtiger ist die Beratung: Welches Betreuungsmodell passt am besten? Ist der Zeitpunkt für eine 24-Stunden-Betreuung schon gekommen oder noch nicht? Wie findet man eine seriöse Agentur? Wir haben Checklisten und Informationen, die helfen können, bevor es zu spät ist. Es ist entscheidend, vorbereitet zu sein.
"Wie häufig werden Patienten mit Pflegegrad 2 durch eine 24-Stunden-Betreuung versorgt?"
Linara: Du hast schon einen Teil meiner nächsten Frage beantwortet, aber ich stelle sie trotzdem: Wie häufig werden Patienten mit Pflegegrad 2 durch eine 24-Stunden-Betreuung versorgt? Ist das eher die Ausnahme oder häufiger der Fall?
Dorothea: Es ist schwer zu sagen, dass es die Regel ist. Es ist eher eine Ausnahme, aber nicht selten. Bei Pflegegrad 2 sind die meisten Betroffenen noch in der Lage, sich teilweise selbst zu versorgen. Allerdings gibt es Fälle, in denen die Grenze zwischen Pflegegrad 2 und 3 sehr schwer zu erkennen ist. Familien fühlen sich oft überfordert, weil die pflegebedürftige Person zwar noch nicht stark eingeschränkt ist, aber es dennoch gefährlich ist, sie allein zu Hause zu lassen. Diese Grenze wird oft hinausgeschoben, bis es schließlich nicht mehr geht und eine 24-Stunden-Betreuung erforderlich wird. In solchen Fällen ist die Betreuung zu Hause absolut sinnvoll.
Linara: Um noch einmal auf unser Thema von vorher zurückzukommen: Würdest du sagen, dass Pflegegrad 2 der richtige Zeitpunkt ist, um sich intensiver mit der Pflege von Eltern oder Angehörigen auseinanderzusetzen? Ist Pflegegrad 3 dann fast schon zu spät? Wie kann man sich das vorstellen?
Dorothea: Zu spät würde ich das nicht nennen, weil die Fälle sehr individuell sind.
Linara: Natürlich, es ist schwer, das pauschal zu klassifizieren.
Dorothea: Genau. Pflegebedürftige mit Pflegegrad 2 können sich teilweise noch gut selbst versorgen und sind in ihrer häuslichen Umgebung oft sicher. Aber es gibt auch viele Fälle, in denen das nicht der Fall ist, besonders wenn Anzeichen von Demenz auftreten oder die mentale Verfassung insgesamt nachlässt. Es gibt also zwei wichtige Faktoren: die körperliche und die geistige Verfassung. Oft wird übersehen, dass jemand, der körperlich noch einigermaßen fit ist, trotzdem nicht in der Lage ist, sich selbst zu versorgen. Das liegt daran, dass bei einer mentalen Verschlechterung der Alltag oft nicht mehr bewältigt werden kann – zum Beispiel, wenn die Person vergisst zu trinken oder Tag und Nacht verwechselt. Das beunruhigt viele Familien sehr, und dann suchen sie nach Lösungen. Das muss individuell betrachtet werden.
Linara: Gibt es bei Patienten mit Pflegegrad 2 in Bezug auf die 24-Stunden-Betreuung besondere Dinge, die man beachten muss? Oder ist das eher ein Thema, das später relevant wird?
Dorothea: Das kommt darauf an. In Fällen, in denen noch ein Ehepartner vorhanden ist, der die Betreuung übernehmen kann, lässt sich Pflegegrad 2 oft gut bewältigen. Der Partner übernimmt dann die Rolle der Betreuungsperson. In solchen Fällen hat die Familie natürlich Glück, wenn der andere Partner noch fit genug ist. Aber wenn eine Pflegekraft vor Ort ist, ist es meist nicht schwierig, sich in diese Aufgaben einzufühlen. Besonders bei Pflegegrad 2 ist die Unterstützung eher darauf ausgelegt, Sicherheit zu bieten und den Alltag zu erleichtern.
"Wie lange dauert es normalerweise, bis Pflegegrad 2 bewilligt wird?"
Linara: Wie lange dauert es normalerweise, bis Pflegegrad 2 bewilligt wird?
Dorothea: Das ist sehr unterschiedlich. Meistens geht es schneller, wenn die pflegebedürftige Person beispielsweise nach einem Krankenhausaufenthalt in ein schnelles Verfahren kommt und Pflegegrad 2 bewilligt wird. Aber danach erfolgt die Prüfung durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK), und es kann vorkommen, dass die Einstufung wieder zurückgenommen wird. Das führt oft zu Ärger, weil die Familien nicht zufrieden sind. In solchen Fällen muss sofort Einspruch eingelegt oder eine erneute Prüfung beantragt werden. Diese Einstufungen sind oft nicht einheitlich oder nachvollziehbar, was die Angehörigen sehr verunsichert. Manchmal bekommen Personen, die sich noch relativ gut versorgen können, Pflegegrad 2, und andere, die ähnliche Einschränkungen haben, nicht. Das ist oft schwer zu verstehen.
Linara: Aber Linara bietet in solchen Fällen Unterstützung an, richtig?
Dorothea: Ja, genau. Linara unterstützt auch bei der Pflegeberatung und hilft bei der Kommunikation mit den Pflegekassen. Wenn eine Pflegeeinstufung abgelehnt wird, bieten wir ebenfalls Unterstützung – sei es durch Beratung oder das Verfassen von Schreiben. Viele Familien sind wenig informiert und fühlen sich in solchen Situationen oft allein gelassen. Ich übernehme dann die Rolle, den Angehörigen mit praktischen Tipps zu helfen, wie sie in solchen Fällen vorgehen können. Besonders bei der MDK-Prüfung haben ältere Menschen oft Schwierigkeiten, den Ablauf zu verstehen. Viele bemühen sich dann, besonders gut dazustehen, was nicht immer ihr tatsächliches tägliches Leben widerspiegelt. Das führt häufig dazu, dass die Pflegeeinstufung nicht den tatsächlichen Bedürfnissen entspricht, was die Familien verärgert und überfordert. Es entstehen kritische Situationen, in denen Unterstützung dringend nötig ist.
Linara: Wie häufig passiert es denn, dass Familien Unterstützung bei der Beantragung eines Pflegegrades benötigen, vielleicht sogar speziell bei Pflegegrad 2?
Dorothea: Sehr oft. Ich habe festgestellt, dass bei fast allen normalen Fällen das Wissen fast bei Null liegt, besonders wenn es um die Beantragung von Verhinderungspflege oder Kurzzeitpflege geht. Von den Leistungen der Pflegekasse wissen nur sehr wenige Menschen Bescheid, und das sollte sich wirklich ändern. In diesem Bereich leistet Linara einen hervorragenden Job, weil wir Fachleute an Bord haben. Viele Agenturen auf dem Markt bieten das nicht an. Ein großer Vorteil ist, dass Linara Pflegeberatung durch fachlich examinierte Kräfte durchführt. Die Beratung, die ich zum Beispiel anbiete, muss nicht zwingend mit einer Vermittlung verbunden sein, sondern kann auch einfach nur Aufklärung und Bereitstellung von Informationsmaterial sein.
Linara: Das heißt also, dass viele der Schwierigkeiten rund um die Beantragung der Pflegegrade oft einfach auf Unwissenheit zurückzuführen sind?
Dorothea: Genau so ist es, absolut. Manchmal haben Familien bereits etwas Erfahrung und wissen durch frühere Anträge schon ein bisschen, worum es geht. Oft sind die Fragen in den Formularen einfach mit einem Häkchen abgehakt, aber was diese Antworten wirklich bedeuten, weiß niemand so genau. Durch die Erfahrung werden die Angehörigen dann cleverer und wissen beim nächsten Mal besser, wie sie vorgehen müssen.
Linara: Was würdest du empfehlen, wie man sich am besten informieren sollte?
Dorothea: In Deutschland gibt es Pflegeberatungsstellen, Pflegestützpunkte und verschiedene Institutionen, die sich mit diesen Themen beschäftigen. Aber trotz all dieser Angebote kommt das Informationsmaterial oft nicht bei den Menschen an. Ich kann das nicht prozentual beziffern, aber aus meinen Gesprächen habe ich herausgefunden, dass nur eine sehr kleine Zahl von Menschen sich wirklich gründlich informiert. Viele finden einfach nicht die Zeit oder erkennen nicht, dass der richtige Moment zur Vorbereitung gekommen ist. Viele denken, „Es geht ja noch gut, ich muss nichts tun.“ Genau das ist die Gefahr. Plötzlich steht man vor einer Mammutaufgabe, wie der Betreuung eines Angehörigen, und es ist schwierig, diese Herausforderung zu meistern, wenn man sich nicht vorher darauf vorbereitet hat.
"Gibt es beispielsweise Checklisten oder Anhaltspunkte, an denen man erkennen kann, ob die Unterstützung durch einen Pflegegrad erforderlich ist?"
Linara: Ein bisschen meine nächste Frage vorwegnehmend: Haben Betroffene die Möglichkeit, selbst herauszufinden, ob ihre Angehörigen Pflegegrad 2 benötigen? Gibt es beispielsweise Checklisten oder Anhaltspunkte, an denen man erkennen kann, ob die Unterstützung durch einen Pflegegrad erforderlich ist?
Dorothea: Ja, Angehörige können oft selbst gut beobachten, wenn bei ihren Verwandten Veränderungen auftreten. Häufig merke ich in Gesprächen, dass Angehörige besorgt sind, weil ihre Mutter zum Beispiel immer das Gleiche trägt oder angibt, gegessen zu haben, obwohl das Essen nicht angerührt wurde. Auch andere Anzeichen wie unpassende Kleidung für die Jahreszeit oder eine unordentliche Erscheinung können Hinweise darauf sein, dass Unterstützung benötigt wird. Solche Signale sollten ernst genommen werden. Es ist wichtig, sich frühzeitig mit der Pflegekasse in Verbindung zu setzen, um entweder eine Einstufung oder eine Erhöhung des Pflegegrades zu beantragen. Oft werden diese Signale übersehen, und es wird erst spät bemerkt, wie schlecht es dem Angehörigen tatsächlich geht.
Linara: Welche Möglichkeiten haben Angehörige, wenn sie mit der Einstufung des Pflegegrades nicht einverstanden sind?
Dorothea: In diesem Fall sollten sie sofort Einspruch einlegen. Viele wissen das bereits, aber nicht alle. Der Einspruch muss bei der Pflegekasse eingereicht werden, und die Kasse wird dann eine erneute Überprüfung veranlassen. Dabei erhalten die Familien oft einen weiteren Termin, bei dem sie sich besser vorbereiten können. Es ist wichtig, nicht nur zu beachten, ob der Angehörige bestimmte Aufgaben wie Kochen oder Einkaufen alleine erledigen kann, sondern auch die Grundpflege. Entscheidend ist, ob die Person im Alltag Unterstützung benötigt, zum Beispiel beim Treppensteigen oder bei der Orientierung im Bad. Auch wenn jemand Anweisungen braucht, um alltägliche Aufgaben zu bewältigen, ist das ein Hinweis auf Pflegebedürftigkeit.
Linara: Vor allem können sowohl Angehörige als auch wir selbst mal gute und schlechte Tage haben, was möglicherweise die Bewertung beeinflusst, oder?
Dorothea: Genau, das ist ein häufiges Problem. Bei einer kurzen Visite wird oft nur eine Momentaufnahme des Zustands des Pflegebedürftigen erfasst, und diese kann nicht das normale Verhalten der Person widerspiegeln. Daher können Bewertungen manchmal nicht das tatsächliche Pflegebedürfnis widerspiegeln. Wenn nur wenige Punkte vergeben werden, kann dies dazu führen, dass die Person in einem niedrigeren Pflegegrad eingestuft wird, als es ihrem tatsächlichen Bedarf entspricht. In solchen Fällen ist es besonders wichtig, auf eine erneute Prüfung und eine umfassende Dokumentation der tatsächlichen Bedürfnisse des Pflegebedürftigen zu achten.
Linara: Und lohnt es sich, für den Termin mit dem MDK eventuell auch eine separate Person dabei zu haben, die bereits Erfahrung mit solchen Verfahren hat und den Termin begleiten kann?
Dorothea: Auf jeden Fall. Es ist nicht verboten, dass man zusätzliche Personen in den Raum mitnimmt, nicht nur Angehörige, sondern auch Fachleute. Diese Personen können wertvolle Hinweise geben und mit der MDK-Pflegerin darüber sprechen, wie der Pflegebedarf tatsächlich aussieht. Es geht nicht nur um die Fragen und Häkchen auf dem Papier, sondern darum, wie die Pflegebedürftige Person im Alltag tatsächlich unterstützt werden kann. Auch wenn der Pflegegrad 2 nicht sehr hoch eingestuft wird, können andere Leistungen wie Verhinderungspflege, Kurzzeitpflege oder Landespflegegeld in Anspruch genommen werden. Diese Faktoren können eine enorme Rolle spielen, ob jemand einen Pflegegrad 1 oder 2 erhält.
Linara: Sehr gut, Dorothea, danke dir für deine Expertise. Das war's auch schon mit unserem Gespräch zum Pflegegrad 2. Ich wünsche dir noch einen schönen Tag.
Dorothea: Danke, dir auch!