Pflegegrad: Antrag, Leistungen & Berechnung

Um Pflegeleistungen zu erhalten, benötigen pflegebedürftige Personen einen Pflegegrad. Was genau es damit auf sich hat und wie Sie diesen Pflegegrad beantragen können, erfahren Sie in diesem Ratgeber von Linara – mit wertvollen Tipps für ein erfolgreiches Antragsverfahren. Außerdem informieren wir Sie über die verschiedenen Pflegegrade, wie die Berechnung erfolgt und welche Leistungen der Pflegekasse Ihnen und Ihren Angehörigen mit dem jeweiligen Pflegegrad zustehen.

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Was ist ein Pflegegrad?

Der Pflegegrad gibt an, wie selbstständig eine pflege- oder hilfsbedürftige Person ist. Diese Einordnung ist erforderlich, um Leistungen von der Pflegekasse zu erhalten und die Höhe der finanziellen Unterstützung zu ermitteln. Der Pflegegrad wird umgangssprachlich auch als „Grad der Pflegebedürftigkeit“ oder „Grad der Selbstständigkeit“ bezeichnet.

Bewertet wird, wie viel Unterstützung die pflegebedürftige Person im Hinblick auf Körperhygiene, Haushaltsführung und Alltagsgestaltung benötigt– unabhängig von der Schwere ihrer Behinderung oder Erkrankung.

Höherer Unterstützungsbedarf = höherer Pflegegrad = höhere Leistungen

 

Die 5 Pflegegrade:

  • Pflegegrad 1: geringe Beeinträchtigung der Selbstständigkeit
  • Pflegegrad 2: erhebliche Beeinträchtigung der Selbstständigkeit
  • Pflegegrad 3: schwere Beeinträchtigung der Selbstständigkeit
  • Pflegegrad 4: schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit
  • Pflegegrad 5: schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung

Personen mit dem Pflegegrad 1 können den Großteil des Alltags noch selbst bewältigen und sind nur geringfügig hilfsbedürftig. In der Regel benötigen Personen dieses Pflegegrades nur zeitweise Unterstützung bei der Hygiene und/oder hauswirtschaftlichen Versorgung.

Personen mit dem Pflegegrad 2 benötigen unter Umständen bereits häusliche Pflege durch Angehörige oder einen ambulanten Pflegedienst.

Personen mit dem Pflegegrad 3 sind so weit in ihrer Selbstständigkeit eingeschränkt, dass sie in der Regel mehrmals täglich Unterstützung im Alltag, im Haushalt und bei der Hygiene benötigen.

Personen mit dem Pflegegrad 4 sind so stark auf fremde Hilfe angewiesen, dass in der Regel eine Vollzeit-Unterstützung notwendig ist. Die Gründe dafür liegen häufig in eingeschränkter Mobilität.

Personen mit dem Pflegegrad 5 haben den größten Hilfe- und Pflegebedarf und sind meist nicht mobil. Sie benötigen umfangreiche Leistungen und werden in der Regel rund um die Uhr betreut.

Voraussetzungen für die Einstufung in einen Pflegegrad

Für die Feststellung der Pflegebedürftigkeit und um einen Pflegegrad zu erhalten, muss die Person „gesundheitlich bedingte Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten“ aufweisen, aus denen sich ein Hilfebedarf durch Dritte ergibt. Diese Pflegebedürftigkeit muss auf Dauer oder für mindestens sechs Monate vorliegen.1

Des Weiteren muss für die Einstufung in einen Pflegegrad ein Antrag gestellt werden und eine Begutachtung stattfinden. Erst danach kann die Pflegekasse eine Zuordnung vornehmen und Leistungen bewilligen.

Unterschied zwischen Pflegegrad und früherer Pflegestufe

Durch das Pflegestärkungsgesetz II wurden 2017 die bisher zur Einteilung verwendeten Pflegestufen durch die aktuellen Pflegegrade abgelöst. Der größte Unterschied liegt darin, dass die Pflegestufen den Hilfebedarf bemessen haben und die Pflegegrade jetzt den Grad der Selbstständigkeit bewerten. So wird sichergestellt, dass vor allem bei Personen mit Demenz die Pflegeleistungen fairer berechnet werden, da die Selbstständigkeit im Alltag bei dieser Personengruppe trotz körperlicher Unversehrtheit sehr eingeschränkt sein kann.

War eine pflegebedürftige Person bereits vor 2017 einer Pflegestufe (0 bis 3) zugeordnet, so wurde diese automatisch in den jeweiligen Pflegegrad übertragen. Die finanziellen Leistungen haben sich durch die Umstellung auf Pflegegrade für die meisten pflegebedürftigen Personen erhöht.

Pflegestufe vor 2017 Nach Umstellung auf Pflegegrad
keine Pflegestufe keine Pflegestufe
Pflegestufe 0 Pflegegrad 2
Pflegestufe 1 Pflegegrad 2
Pflegestufe 2 Pflegegrad 3
Pflegestufe 3 Pflegegrad 4
Pflegestufe 3 und demenzkranke Personen Pflegegrad 5

Pflegegrad beantragen – Ablauf und Tipps für das Antragsverfahren

Das Beantragen eines Pflegegrades ist erforderlich, um Leistungen aus der Pflegekasse zu erhalten. Der Antrag kann formlos per Telefon, E-Mail, Brief oder Fax erfolgen – am besten sollte er aber schriftlich gestellt werden, damit er jederzeit nachweisbar ist. Maßgeblich für rückwirkende Leistungen ist nämlich das Antragsdatum. Der Antrag erfolgt durch die pflegebedürftige oder eine bevollmächtigte Person direkt bei der zuständigen Pflegekasse. Sind Sie bevollmächtigt, fügen Sie dem Antrag die Vollmacht bei, um die Bearbeitung nicht zu verzögern. Manche Kassen stellen Formulare oder ein Online-Antragsverfahren zur Verfügung.

Während eines Krankenhausaufenthaltes können Sie sich vom Sozialdienst des Krankenhauses ausführlich beraten und beim Beantragen des Pflegegrades unterstützen lassen.

Der Ablauf vom Antrag bis zur Bewilligung des Pflegegrades:

  1. formlose Antragstellung
  2. Gutachten durch den Medizinischen Dienst
  3. Bewilligung oder Ablehnung durch die Pflegekasse

Auch für den Wechsel des Pflegegrades, wenn die Hilfsbedürftigkeit steigt (oder auch sinkt), muss ein Antrag gestellt werden. Ein Höherstufungsantrag wird schriftlich gestellt, darauf folgt eine neue Begutachtung. In der Zwischenzeit bleiben der bisherige Pflegegrad und die Leistungen erhalten – rückwirkend ab Antragsdatum kann dann eine Erhöhung stattfinden.

Wie lange dauert die Bearbeitung bei der Pflegekasse?

Die reguläre Bearbeitungszeit vom Antrag bis zum Bescheid beträgt 25 Tage. Sollte die Bearbeitung durch die Pflegekasse mehr Zeit in Anspruch nehmen, so wird für jede Woche eine Pauschale von 70 Euro ausgezahlt, um die Pflege vorübergehend sicherzustellen.

In Sonderfällen ist ein Eilantrag möglich, der innerhalb von fünf bis zehn Tagen bearbeitet wird. Es folgt ein verkürztes Gutachten, das erst einmal feststellt, ob mindestens Pflegegrad 2 vorliegt. Im Nachgang wird dann ein vollständiges Gutachten erstellt. Eilanträge sind sowohl beim Erstantrag als auch bei einem Höherstufungsantrag für einen bestehenden Pflegegrad möglich.

Eilanträge werden gestellt, wenn

  • sich die pflegebedürftige Person aktuell im Krankenhaus oder auf Reha befindet und die Weiterversorgung nicht sichergestellt ist;
  • sich die pflegebedürftige Person in Palliativpflege befindet; oder wenn
  • die pflegende Person eine Pflege- oder Familienpflegezeit mit ihrem Arbeitgeber vereinbart.

Begutachtung durch den Medizinischen Dienst

Nachdem die Pflegekasse den Antrag erhalten und geprüft hat, beauftragt sie den Medizinischen Dienst (kurz: MD, früher MDK für „Medizinischer Dienst der Krankenkassen“) mit einem Gutachten. Die Begutachtung findet in den eigenen vier Wänden der pflegebedürftigen Person oder in der jeweiligen Einrichtung statt. Das Begutachtungsverfahren ist bundesweit einheitlich geregelt. Der Grad der Selbstständigkeit wird anhand eines Punktesystems ermittelt – mehr dazu im Abschnitt „Wie wird der Pflegegrad berechnet?“.

Tipps für den Termin mit dem MD:

  • Neben der pflegebedürftigen Person sollte noch eine Vertrauensperson anwesend sein – im Bedarfsfall auch die Pflegeperson.
  • Es soll ein möglichst realistisches Bild des Alltags vermittelt werden. Sowohl Über- als auch Untertreibungen (zum Beispiel aufgrund von Schamgefühl oder falschem Stolz der pflegebedürftigen Person) sind nicht hilfreich, um den notwendigen Pflegegrad zu ermitteln.
  • Halten Sie sämtliche Unterlagen bereit, um das Gutachten zu beschleunigen. Dazu zählen: Medikamenten- und Behandlungsplan, aktuelle Arzt- und Krankenhausberichte, Pflegedokumentation und/oder Pflegetagebuch sowie eine Auflistung, was besondere Schwierigkeiten im Alltag bereitet.

Der Medizinische Dienst erstellt nach diesem Termin ein Gutachten und übermittelt es an die Pflegekasse. Dort wird anhand des Gutachtens und der je Kategorie vergebenen Punkte der Pflegegrad bestimmt. Der Leistungsbescheid kommt daraufhin per Post – in der Regel ist auch das Gutachten enthalten.

Der MD überprüft auch, ob eventuell eine Reha die Pflegebedürftigkeit verringern oder gar beseitigen kann. In diesem Fall hat die pflegebedürftige Person Anspruch auf einen Reha-Platz. Setzen Sie sich dazu mit der zuständigen Pflegekasse in Verbindung.

Widerspruch gegen den Leistungsbescheid

Sollten Zweifel an der Einstufung des Pflegegrades aufkommen, fordern Sie unbedingt das Gutachten an (falls nicht erhalten), um die strittigen Punkte überprüfen zu können. Innerhalb von 30 Tagen nach dem Bescheid ist ein schriftlicher Widerspruch bei der Pflegekasse möglich – auch bei Ablehnung oder Rückstufung lässt sich Widerspruch einlegen. Die Begründung bzw. die falsch eingeschätzten Fähigkeiten können direkt beim Widerspruch aufgeführt werden, um die Bearbeitung zu beschleunigen. Sieht die Pflegekasse Grund dazu, wird eine neue Begutachtung durchgeführt.

Wie wird der Pflegegrad berechnet?

Bei der Begutachtung überprüft der MD verschiedene körperliche und geistige Faktoren, die maßgeblich für die Ermittlung des Hilfebedarfs sind. Insgesamt berechnet sich der Pflegegrad aus bis zu 100 Punkten.

Die Gesamtpunkteverteilung:

  • Pflegegrad 1: 12,5 bis unter 27 Punkte
  • Pflegegrad 2: 27 bis unter 47,5 Punkte
  • Pflegegrad 3: 47,5 bis unter 70 Punkte
  • Pflegegrad 4: 70 bis unter 90 Punkte
  • Pflegegrad 5: 90 bis 100 Punkte

Das Bewertungssystem für Pflegegrade in Modulen

In sechs Modulen werden mit unterschiedlicher Gewichtung Punkte vergeben. Jedes Modul enthält Kriterien, die der MD einzeln bewertet und zusammenzählt. Je höher die Punktzahl am Ende ist, desto höher ist der Hilfebedarf und somit auch der Pflegegrad.

Modul Beispiele Gewichtung
1. Mobilität Fortbewegung innerhalb der Wohnung, Treppensteigen, Positionswechsel im Bett, sicheres Sitzen 10 %
2. Kognitive und kommunikative Fähigkeiten Orientierung und Teilnahme im Alltag, räumliches und zeitliches Zurechtfinden, eigene Gesprächsführung 15 % (aus den Modulen 2 und 3 fließt nur der höhere Wert mit ein)
3. Verhaltensweisen und psychische Problemlagen nächtliche Unruhe, Abwehrhaltung gegenüber pflegerischen Maßnahmen, ängstliche oder depressive Verstimmungen 15 % (aus den Modulen 2 und 3 fließt nur der höhere Wert mit ein)
4. Selbstversorgung Körperhygiene, Toilettengang, An- und Ausziehen, Essen und Trinken 40 %
5. Selbstständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen Medikamenteneinnahme, selbstständiges Ausführen ärztlicher Anordnungen, Messen des Blutzuckerspiegels, Wahrnehmen von Arztbesuchen 20 %
6. Gestaltung des Alltagslebens und soziale Kontakte eigene Gestaltung des Tagesablaufs, Kontaktaufnahme zu anderen Menschen, selbstständige Beschäftigung 15 %
7. Außerhäusliche Aktivitäten* - -
8. Haushaltsführung* - -

*Die Module 7 und 8 werden beim Berechnen des Pflegegrades nicht berücksichtigt und dienen lediglich der Pflegeplanung.

Sonderregelungen für die Einstufung in einen Pflegegrad

Wie so oft gibt es auch beim Pflegegrad Sonderfälle und somit Einzelfallregelungen. Diese gelten für Personen mit besonderen Anforderungen an die Pflegeversorgung. Außerdem wird der Pflegegrad für Kinder etwas anders berechnet und sowohl die Begutachtung als auch die Einstufung weichen gegenüber Erwachsenen ab.

Eine allgemeine Sonderregelung für Pflegegrad 5 gilt (unabhängig von der Punktzahl bei der Begutachtung) für:

  • Personen, die Arme und Beine (auch mit Hilfsmitteln) nicht mehr bewegen können und dadurch stark eingeschränkt sind. Eine minimale Beweglichkeit wird nicht gewertet.
  • Personen, die rund um die Uhr Unterstützung benötigen, um den Alltag zu bewältigen.
  • Personen, die spezifisch-fachliche Pflege benötigen.

Leistungen und finanzielle Unterstützung je nach Pflegegrad

Mit dem zugewiesenen Pflegegrad (1 bis 5) können nun Geld- und Sachleistungen aus der Pflegeversicherung beansprucht werden. Grundleistungen, die Personen aller Pflegegrade erhalten, sind Pflegehilfsmittel, ein kostenloser Hausnotruf (Basisversion), Entlastungsleistungen und ein Zuschuss zum pflegegerechten Umbau. Hier ein Auszug aus den Leistungen der Pflegeversicherung:

  • Pflegegeld (für selbst beschaffte häusliche Pflege)
  • Pflegesachleistungen (für einen ambulanten Pflegedienst)
  • Kombinationsleistungen (aus Pflegegeld und Pflegesachleistungen)
  • Verhinderungspflege (für Pflegevertretungen)
  • Tages- und Nachtpflege (für die teilstationäre Pflege)

 

Pflegegeld und Pflegesachleistungen für die Pflegegrade 1, 2, 3, 4 und 5 (Stand 2024)

Pflegegrad Pflegegeld (pro Monat) Pflegesachleistungen (pro Monat)
Pflegegrad 1 kein Anspruch auf Pflegegeld* *
Pflegegrad 2 332 € (vorher 316 €) 761 Euro
Pflegegrad 3 573 € (vorher 545 €) 1.432 Euro
Pflegegrad 4 765 € (vorher 728 €) 1.778 Euro
Pflegegrad 5 947 € (vorher 901 €) 2.200 Euro

* Im Pflegegrad 1 für neu eingestufte Personen werden weder Pflegegeld noch Pflegesachleistungen zur Verfügung gestellt, sondern ein Entlastungsbetrag in Höhe von 125 Euro für eine ambulante Sachleistung ausgezahlt.

Weitere Informationen und aktuelle Zahlen finden Sie hier: Leistungsansprüche der Versicherten im Jahr 2024 (Bundesministerium für Gesundheit).

Neben dem beantragten Pflegegrad gelten weitere Voraussetzungen für die Bewilligung von Pflegeleistungen: Die pflegebedürftige Person muss in den letzten zehn Jahren vor der Antragstellung zwei Jahre als Mitglied in die Pflegekasse eingezahlt haben oder familienversichert gewesen sein.

 

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