Pflege, Senioren und Gesundheit im Koalitionsvertrag von Union und SPD

Rund vier Monate nach der Bundestagswahl im September vergangenen Jahres konnten sich die  Verhandlungspartner von CDU/CSU und SPD am 07.02.2018 auf einen Koalitionsvertrag einigen. Den Themen Gesundheit und Pflege, aber auch den pflegenden Angehörigen wurde ein hoher Stellenwert eingeräumt. Wir stellen Ihnen die wichtigsten Ergebnisse vor

Medizinische Versorgung gesetzlich Versicherter

Der Koalitionsvertrag sieht die Verbesserung der medizinischen Versorgung gesetzlich Versicherter vor. Dies soll durch die Terminservicestellen der Kassenärztlichen Vereinigungen ermöglicht werden, welche künftig unter einer bundesweit einheitlichen Telefonnummer erreichbar sein sollen. Es ist geplant, Patienten neben Facharztterminen auch Termine beim Haus- und Kinderarzt durch die Servicestellen zu vermitteln. Darüber hinaus soll das Mindestsprechstundenangebot der Vertragsärzte für gesetzlich Versicherte von 20 auf 25 Stunden erhöht werden. Ärzte, die in wirtschaftlich schwachen und unterversorgten ländlichen Räumen praktizieren, sollen Zuschläge erhalten. Die Strukturfonds der Kassenärztlichen Vereinigungen, mit denen sie Medizinern finanzielle Anreize für die Niederlassung in ländlichen Regionen bieten können, sollen erhöht werden. Auch ein Innovationsfonds, mit dem neue Versorgungskonzepte - etwa im Bereich E-Health - finanziert werden, wird über das Jahr 2019 hinaus mit einem Volumen von 200 Millionen Euro im Jahr fortgesetzt.

Finanzierung der Krankenkassenbeiträge

Arbeitgeber und Arbeitnehmer sollen die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) künftig wieder zu gleichen Teilen tragen. Aktuell zahlen Beschäftigte den Zusatzbeitrag ihrer Kasse, der zum paritätisch finanzierten allgemeinen Beitragssatz von 14,6 Prozent hinzukommt, allein. Ab dem 1. Januar 2019  ist eine paritätische Finanzierung angedacht, die zu einem höheren Nettoeinkommen der Beschäftigten führt. Derzeit beträgt der Zusatzbeitrag im Schnitt 1,0 Prozent des Bruttoeinkommens. Darüber hinaus ist eine schrittweise Einführung kostendeckender Beiträge zur GKV für die Bezieher von Arbeitslosengeld II aus Steuermitteln geplant. Eine Absenkung der Mindestbemessungsgrenze von Selbstständigen von 2.283,75 Euro auf 1.150,00 Euro monatlich soll zu deren Entlastung beitragen.

Versorgung mit Arzneimitteln

Des Weiteren haben sich die Koalitionäre darauf geeinigt, den Aktionsplan zur Verbesserung der Arzneimitteltherapiesicherheit in Deutschland entschlossener umzusetzen und die Fälschungssicherheit von Arzneimitteln zu optimieren. Bis zuletzt herrschte große Uneinigkeit hinsichtlich eines Verbots des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln. Hier konnte sich die Union durchsetzen. Der Koalitionsvertrag sieht vor, die Apotheken vor Ort durch ein Verbot des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Medikamenten zu stärken. Die Entscheidung kann insbesondere für ältere chronisch Kranke in ländlichen Regionen zu Problemen führen, da hier der regelmäßige Versand wichtiger Arzneimittel nach Hause eine große Erleichterung darstellte. Auch international ist diese Form der Versorgung längst im Gesundheitssystem verankert. Vor diesem Hintergrund sollte die Entscheidung, den Versandhandel von rezeptpflichtigen Arzneimitteln abzuschaffen, überdacht werden.

Soziale Einbindung von Senioren

Um die soziale Infrastruktur insbesondere im ländlichen Raum sicherzustellen, sollen Mehrgenerationshäuser abgesichert und weiter ausgebaut werden. Diese Form des Zusammenlebens leistet einen wichtigen Beitrag zum generationenübergreifenden Dialog und zur Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse.

Auch für Menschen mit Demenz und deren Angehörige wird sich im Laufe der neuen Legislaturperiode einiges verändern. Die seit 2012 bestehende „Allianz für Menschen mit Demenz“ (ein Zusammenschluss von bundesweit agierenden Vereinen und Organisationen sowie Ministerien) soll zusammen mit den Ländern und Kommunen und unter Einbezug von Menschen mit Demenz weiterentwickelt werden. Ziel der Allianz ist die Verbesserung der Lebenssituation von Menschen mit Demenz und deren Angehörigen.

Entlastung pflegender Angehöriger

Da viele Versicherte und pflegende Angehörige ihnen zustehende Leistungen aufgrund der komplexen Regelungen des SGB XI nicht in Anspruch nehmen, plant die Koalition die Einführung eines „jährlichen Entlastungsbudgets“. Dabei sollen die bestehenden Angebote für Kurzzeit- und Verhinderungspflege sowie für Tages- und Nachtpflege zusammengefasst werden. Diese Zusammenführung soll die Inanspruchnahme der Leistungen erleichtern, denn zukünftig müsste dann nur noch ein Antrag gestellt werden und die Leistungen könnten danach flexibel genutzt werden.

Kritiker bezweifeln, dass das Entlastungsbudget in seiner angedachten Form die gewünschten Effekte erzielt. So wird u.a. vermutet, dass es zu noch höherem Fehl-Nutzen führt, wie es bereits bei dem bisherigen Entlastungsbetrag – welcher überwiegend für Hauswirtschaft abgerufen wird – der Fall ist.

Darüber hinaus soll laut Koalitionsvertrag auf das Einkommen der Kinder von pflegebedürftigen Eltern künftig erst ab einer Höhe von 100.000 Euro im Jahr zurückgegriffen werden. Pflegende Angehörige sollen zudem einen Rechtsanspruch auf eine Auszeit mit Rehabilitation erhalten.

Die wichtigsten Eckpunkte des Koalitionsvertrages im Überblick:

  • Wiedereinführung der paritätischen Finanzierung der Beiträge zur GKV durch Arbeitgeber und Arbeitnehmer ab dem 01.01.2019
  • Einführung kostendeckender Beiträge zur GKV für die Bezieher von Arbeitslosengeld II aus Steuermitteln
  • Absenkung der Mindestbemessungsgrenze von 2.283,75 Euro auf 1.150,00 Euro monatlich zur Entlastung Selbstständiger
  • Leistungen und Zugang zur Versorgung sollen für gesetzliche Versicherte verbessert werden
  • Verbesserung der Arzneimitteltherapiesicherheit
  • Verbot des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Medikamenten
  • Einführung eines „jährlichen Entlastungsbudgets“ in der Pflegeversicherung
  • Sicherstellung der sozialen Infrastruktur insbesondere im ländlichen Raum
  • Verbesserte soziale Einbindung von Menschen mit Demenz und deren Angehörigen

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